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Band des Monats
Faber

Das Bild zeigt einen Mann, der den Kopf zum Himmel hebt.
© Justus von Karger

Sprachgewandt und teilweise provokant überschreitet der Schweizer Singer-Songwriter Faber in seinen Songs Genre- und Sprachgrenzen und ist so zu einem großen Namen des deutschsprachigen gesellschaftskritischen Indiepops geworden.

Von Katharina Edelmann

Wer ist Faber?

Faber, der mit bürgerlichem Namen Julian Vincenzo Pollina heißt, ist ein Schweizer Singer-Songwriter mit italienischen Wurzeln. Als Sohn des Liedermachers Pippo Pollina gehört die Musik von Beginn an zu seinem Leben und er beginnt bereits im Kindesalter mit dem Klavierspielen.
Sein musikalisches Debüt gibt Faber als Support-Act der Schweizer Künstlerin Sophie Hunger, zu der er auch heute noch eine enge Freundschaft pflegt. Auf seine ersten Singles, die sowohl in seinem Heimatland als auch im benachbarten Deutschland bereits auf Aufmerksamkeit in der Indie-Szene stoßen, folgen 2017 sein Debütalbum Sei ein Faber im Wind und 2019 I fucking love my life, mit denen Faber sich als feste Größe der Singer-Songwriter*innen-Szene mit politischen, teils sehr provokanten Texten etabliert.

Es folgen weitere Alben und Tourneen durch Europa. Neben der Musik versucht sich Faber seit 2022 auch gelegentlich als Schauspieler, unter anderem im Film Der Junge, dem die Welt gehört. Robert Gwisdek, der als Käptn Peng auch Musik macht, führte Regie bei dem Filmprojekt.

Faber überschreitet Genre- und Sprachgrenzen

Dass Faber, wie er in einem Interview sagt, als Jugendlicher von französischen Chansons bis deutschem Gangsta Rap so ziemlich alles gehört hat, was ihm in den MP3-Player kam, merkt man in seiner eigenen Art, Musik zu machen. Seine Musik bewegt sich irgendwo im erweiterten Pop-Kosmos, aber mit vielen Überraschungen: Mal hört man elektronische Beats, mal orientalische Klänge oder ein kraftvolles „Halleluja“, gesungen von einem Frauenchor. Saxofone, Streicher, E-Gitarren – bei Faber trifft man auf die ganze Bandbreite der Instrumente. Seine inzwischen achtköpfige Band macht die Liveauftritte zu einem spektakulären Erlebnis.

Auch sprachlich ist er experimentierfreudig: Zwar singt er überwiegend auf Deutsch, doch immer wieder tauchen andere Sprachen auf – sei es Schweizerdeutsch im gemeinsamen Projekt Faber Hunger Brandão mit Sophie Hunger und Dino Brandão oder Italienisch auf seinem aktuellen Album Addio, das einen starken Bezug zu seinen familiären Wurzeln herstellt.

Provokant und sprachgewandt

Fabers Texte sind ebenso vielfältig wie seine Melodien. Was sie jedoch fast alle eint, ist die Kritik an gesellschaftlichen Problemen, die in nahezu jedem seiner Songs eine große Rolle spielt. Sogar in der Liebesballade In Paris brennen Autos dringt die gesellschaftliche Realität sozialer Aufstände und Problematiken wie Flucht und Machtstreben großer Konzerne immer wieder in die rosarote Blase des besungenen Liebespaars ein.

In Paris brennen Autos und in Zürich mein Kamin
Wir zwei sind glücklich, wenn wir beieinander liegen
Auf dieser Welt hier ist Öl mehr wert als Wein
Auf dieser Welt kann ich ohne dich nicht sein.

Das Paar bleibt von den dargestellten politischen Umständen aber recht unbeeindruckt. Dieser Rückzug ins Private oder in den Konsum ist ein wiederkehrender Kritikpunkt in Fabers Texten. So singt er zum Beispiel in Züri: Zürich brennt nicht mehr, Zürich kauft jetzt ein und spielt damit auf die Aufstände zu Beginn der 80er Jahre in Zürich an, die sich gegen die Kulturpolitik der Stadt wendeten. Der politische Kampfgeist dieser Zeit hat sich laut Faber in Konsumenthusiasmus verwandelt.

Um seiner Kritik Ausdruck zu verleihen, schlüpft Faber in seinen Songs auch oft in die Rolle derer, die er kritisiert und singt aus der Ich-Perspektive von alten Männern, die kein Problem darin sehen, sexuelle Beziehungen zu jungen Frauen einzugehen (Wem du’s heute kannst besorgen) oder über sogenannte Alphamänner (Leon). Dies wurde ihm schon häufiger zum Verhängnis, denn Kritiker*innen hielten die Aussagen seiner fiktiven Charaktere für Fabers eigene Meinung.

Der Song Das Boot ist voll ist ein Beispiel für Fabers provokative Art des Songwritings. Er spielt auf die Flüchtlingswelle 2015 an und wendet sich in dem Song direkt an eine Person, die sich von der zunehmenden Migration bedroht fühlt und anfällig für rechtes Gedankengut wird:

"Das Boot ist voll!" schreien sie auf dem Meer
"Ja‚ das Boot ist voll!" schreist du vor dem Fernseher

Wer schneller glaubt‚ wird schwerer klug
Das weißt du schon lang
Drum traust du keinen Medien in diesem Scheißland
Asylzentrum
Ups‚ das Haus brennt
Mal sehen, wer hier am schnellsten
Am schnellsten rausrennt
Die wollten dich für dumm verkaufen
Aber nicht mit dir

Neben Kritik an aktuellen gesellschaftlichen Phänomenen geht es in den Songs aber auch viel um Tabuthemen wie Depressionen oder den Weg aus einer Suchterkrankung.
Faber ist also ein sowohl musikalisch als auch textlich facettenreicher, politisch engagierter Künstler. Wer seine Musik hört, bekommt mehr als eingängige Melodien: Man wird herausgefordert, berührt, zum Nachdenken gebracht.

Ob live mit seiner energiegeladenen Band oder auf einem seiner zahlreichen Alben – Faber sollte man sich nicht entgehen lassen.

Diskografie

Alben
2017  
Sei ein Faber im Wind
2019   I Fucking Love My Life     
2020  Ich liebe Dich (mit Dino Brandão & Sophie Hunger als Brandão Faber Hunger)
2022  Orpheum (Live)
2024  Addio

EPs
2015
Alles Gute
2016 Abstinenz
2020 Gefällt euch Faber so besser?

Singles (Auswahl)
2015: 
J’ai toujours rêvé d’être un gangster
2015: Tausendfrankenlang
2015: Züri
2015: Bleib dir nicht treu
2016: Wer nicht schwimmen kann der taucht
2016: Die Tram ist leer
2020: Vieni qui
2025: Bootleg No.1: Berlin Berlin Berlin / Die Letzte aller Zeiten
 

Band des Monats auf Spotify

Hände und Gitarre © Colourbox.com, ldutko Jeden Monat stellen wir euch eine Band oder eine*n Sänger*in aus einem deutschsprachigen Land vor – den Musikstilen sind keine Grenzen gesetzt. Mit dieser Playlist könnt ihr in die Musik der vorgestellten Künstler*innen hineinschnuppern.

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