München

München, 18.12.2008: „Gibt es bei dir Elefanten?“

 © München

Ein Elefant ist das Wappentier der Elfenbeinküste und ein Spitzname für ihre Bewohner. Und nun kommt er in eine Grundschule! Seien Sie unbesorgt, es ist kein Porzellanladen. Er hat nicht alles zertrampelt. Er wurde im Gegenteil von den Kindern liebevoll umsorgt bei seinem Besuch in der Grundschule an der Klenzestraße 48.

Meine kleinen Freunde wollten alles über die Elfenbeinküste wissen: das Klima – ist es kalt oder warm? Gibt es eine Wüste? Nein, aber es ist heiß, auch wenn es in der Regenzeit viel regnet. Das Land hat das Glück, grün zu sein, mit riesengroßen Wäldern, in denen viele Tiere leben. Oh ja, die Tiere! Wo wir gerade von ihnen sprechen: Natürlich gibt es viele davon. Wilde Tiere wie die Hirschkuh, die Antilope, der Leopard. Die Kinder wollten auch wissen, ob immer noch mit Elfenbein gehandelt wird und vor allem, ob es viele Elefanten gibt. Die Elefantenjagd ist seit vielen Jahren verboten, wie auch der Handel mit Elfenbein. Diese Entscheidung wurde vom ersten Präsidenten Félix Houphouët-Boigny getroffen, um ein Aussterben dieses Symbols meines Landes zu verhindern.

Und gehen alle Kinder in die Schule? Im Gegensatz zu Deutschland können nur die, die ein bisschen Geld haben, ihre Kinder in die Schule schicken. Es gibt keine Schulpflicht. Daher stürzen sich viele Kinder sehr früh in das Berufsleben, indem sie Taschentücher verkaufen oder Schuhe und Autofenster putzen.

Meine kleinen Schulkameraden wollten auch wissen, ob die Familien viele Kinder haben. Das Familienkonzept an der Elfenbeinküste ist vollkommen anders als jenes in Deutschland. Bei uns bedeutet ein Kind Reichtum. Viele Kinder zu haben, ist eine gute Sache, egal ob man die Mittel hat oder nicht, ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Diese Frage stellt sich nicht einmal. Gott wird ihnen zur Hilfe eilen. So versteht man bei uns die Dinge. Deshalb haben viele Familien mindestens vier Kinder. In einigen sind es sogar zwanzig oder mehr. Ein Mann und mehrere Frauen, das ist auch Realität bei uns, die kein Aufsehen erregt. Wie man in Abidjan sagt: „Ein guter Kerl muss mindestens zwei Frauen haben!“ Die Schüler sind sehr überrascht. „Wozu ist es gut, zwei Frauen zu haben?“ hat mich sogar eine von ihnen gefragt.

Dieses Treffen war eindeutig ein Geben und Nehmen. Soviel sie von der Elfenbeinküste gelernt haben, habe ich von ihnen gelernt. Sie haben mich mit ihrer Intelligenz, ihrem weltoffenen Verstand und vor allem diesem Wissensdurst in ihren Bann gezogen, mit ihrer menschlichen Wärme. Eine unvergessliche Erinnerung. Vielen Dank, liebe Freunde, dass ihr mich so glücklich gemacht habt, und viel Erfolg in der Schule!

Yacouba Sangaré,
veröffentlicht am 18.12.2008 in der Süddeutschen Zeitung.

Nahaufnahme Weblog

Wie sieht eine litauische Journalistin Bonn? Und was fällt einem Düsseldorfer Redakteur in Budapest auf? Aktuelle Eindrücke im Journalistenblog.