Beirut

Beirut, 30.10.2008: Beirut und Frankfurt atmen die gleiche verschmutze Luft

 © Von wegen „Umweltzone“. Über derlei halbherzige Maßnahmen zur Luftreinhaltung können die Beiruter nur lachen. Hier begnügt man sich nicht wie in Frankfurt mit farbigen Plaketten und einer Zone, die ohnehin nur das halbe Stadtgebiet umfasst. Beirut hat, was Autoabgase angeht, quasi reinen Tisch gemacht. Diesel-Fahrzeuge dürfen nicht mehr rein, egal mit oder ohne Partikel-Filter.

Da hinkt die deutsche Bankenmetropole Frankfurt weit hinterher. Seit 1. Oktober gilt dort die so genannte Umweltzone. In das Stadtgebiet innerhalb des Autobahnrings dürfen nur Fahrzeuge mit geringem Schadstoffausstoß hineinfahren. Insgesamt hat die Stadtverwaltung vier Schadstoffgruppen definiert, von denen aber nur die erste Kategorie - ältere Autos ohne Katalysator, die etwa fünf Prozent des Bestands ausmachen - vom Einfahrverbot betroffen ist.

Hinzu kommt, dass die Umweltzone für große Teile der Stadt nicht gilt. Deshalb gibt es von unabhängigen Umweltgruppen wie auch von der Opposition im Stadtparlament Kritik an der Maßnahme. Die Stadtregierung hofft dennoch, mit der Umweltzone die Feinstaub-Konzentration in der Luft entscheidend reduzieren zu können. Die von der Europäischen Union vorgeschriebenen Grenzwerte wurden bereits mehrfach überschritten.

Während also in Frankfurt - zumindest neuere - Dieselautos weiter in der City fahren dürfen, sieht und riecht man in Beirut ausschließlich Benziner. Sei es ein noch so klappriges Taxi – und davon gibt es etliche -, unter der Haube brummt ein Ottomotor. Als einzige Ausnahme sind Dieselmotoren in Lastwagen erlaubt. Komisch nur, dass die Luftqualität in der Millionen-Metropole des Libanon trotz dieser Radikalkur - vorsichtig ausgedrückt - nicht gerade Spitzenniveau erreicht. Man könnte auch sagen, dass sich zwischen den Häuserschluchten teilweise ein ziemlicher Mief verbreitet.

Und der stammt zweifelsfrei aus den Auspuffrohren. Obwohl viele der Autos ziemlich neu aussehen, hat man offenbar bei den meisten den Katalysator weggelassen. Wenn sich diese Abgase mit der teilweise extrem schwülen Luft vermischen, kommt dabei ein Gemisch heraus, das der Nase nicht eben schmeichelt.

Freilich ist auch in Frankfurt die Luft nicht die allerbeste. Und die Schwüle im Kessel der Rhein-Main-Ebene kann es im Hochsommer fast mit Beirut aufnehmen. Was hier an die Nase dringt, sind eben nur katalysatorgefilterte Auspuffgase. Die mögen sauberer sein, sie riechen aber nicht unbedingt besser. Bessere Luftqualität war auch in Beirut der Grund für die Verbannung der Diesel-Autos. Wenn man diese Stinker auch noch in der Stadt herumfahren ließe, würde die dicke Luft das Maß des Erträglichen wohl überschreiten. Denn zum Auto als Verkehrsmittel gibt es in Beirut nicht wirklich eine Alternative. Busse gibt es zwar, aber die fahren nur nach außerhalb. Öffentlicher Nahverkehr, etwa Straßen- oder U-Bahnen, existiert nicht. Und Fahrräder sieht man so gut wie überhaupt keine.

Bleiben als Transportmittel nur der eigene Wagen oder die unzähligen Taxis. Wie viele es davon gibt, weiß niemand so genau. Das Angebot jedenfalls könnte vielfältiger nicht sein: Vom Neuwagen bis zum quasi schrottreifen Vehikel ist alles vertreten. Für deutsche Politiker, die für den freien Wettbewerb eintreten und auch die Taxi-Lizenzen freigeben wollen, würde sich eine Reise nach Beirut deshalb lohnen. Da hat der freie Wettbewerb dafür gesorgt, dass von einheitlichen Qualitätsstandards keine Rede sein kann. Vom Taxi modernster Bauart bis zur klapprigsten Kiste ist alles vertreten. Es gibt weder eine einheitliche Taxi-Farbe noch ein kommunal festgeschriebenes Tarifsystem.

Wirklich wichtig im Beiruter Straßenverkehr sind, wie es scheint, nur zwei Dinge: ein Auto mit Benzinmotor und eine funktionierende Hupe.

Martin Müller-Bialon,
veröffentlicht am 30.10.2008 in Al Hayat.

Nahaufnahme Weblog

Wie sieht eine litauische Journalistin Bonn? Und was fällt einem Düsseldorfer Redakteur in Budapest auf? Aktuelle Eindrücke im Journalistenblog.