Stuttgart, 5.6.2011: Die aktuelle Wirtschafts-Lage

Erinnern Sie sich noch an Ihren Schüleraustausch? „Und? Wie war das Essen?“ Das war wohl die gängige Frage gleich nach „Und? Wie war’s?“. Die Antwort fiel je nach Austauschland und –familie von „fade“ (Großbritannien) bis „toll“ (Frankreich) aus.
Derzeit nehme ich quasi an einem Schüleraustausch für Erwachsene teil. Sukhada Tatke von der „Times of India“ in Mumbai (nachzulesen unter: www.goethe.de/nahaufnahme) ist im Rahmen eines Journalistenaustauschs in Stuttgart. Und klar: Gästen will man etwas bieten. Auch kulinarisch. So sind wir immer unterwegs. Aus Recherchegründen. Es tun sich aber auch für mich immer wieder Abgründe in der eigenen Stadt auf. Da gibt es Wirte, die uns zwei Stunden lang auf Pasta warten lassen und sich nicht einmal entschuldigen. Und andere, die teigig-fettige Kässpätzle servieren.
Es soll aber nicht nur gemotzt werden: Wir haben bereits tolle Maultaschen und wunderbaren Rostbraten gegessen. Beim Vietnamesen haben wir die Gerichte auf die indische Art in die Mitte gestellt und sie geteilt. So erfahre ich nicht nur viel über die aktuelle Wirtschafts-Lage in der Stadt, sondern auch über meine Freunde und Kollegen, die uns begleiten. Manche teilen anständig, andere aber rücken ihr Essen nicht raus. Ich schüttele nur den Kopf und sage, dass nicht alle Schwaben so geizig sind.
Wir waren übrigens auch in ein paar indischen Lokalen, um herauszufinden, wo es denn wirklich wie in Indien schmeckt. Sukhada fühlt sich schon beim Betreten durch den Geruch an „Heimat“ erinnert und wundert sich über die Deutschen, die alle Mango-Lassi zum Essen trinken. Vielleicht war es auch ein guter Trick von mir, mit Sukhada zum Inder zu gehen. Gern hätte ich, dass sie nach vier Wochen Stuttgart die Frage „Und? Wie war das Essen?“mindestens mit „gut“ beantwortet.
veröffentlicht am 5. Juni 2011 in den Stuttgarter Nachrichten.