Dortmund, 15.10.2010: Vietnam verlassen – Aus Liebe

Nguyen Thi Hong Huong (27) ist vor neun Monaten von Ho- Chi-Minh-Stadt nach Deutschland übersiedelt, um mit ihrem Ehemann in Dortmund zusammen zu leben. Sie gibt sich sehr selbstbewusst und kann sich auf Deutsch bei alltäglichen Themen gut verständigen.
Sie hat gerade das B1-Zertifikat im Deutsch mit der besten Note erworben und ist die Klassenbeste des „Deutschkurses für Ausländer“ in der Auslandsgesellschaft Deutschland. „Zur Zeit besuche ich den Deutschkurs Niveau B2 und werde im Dezember 2010 das C1-Zertifikat erworben haben; nur dann darf man die Berufsschule besuchen oder an der Universität studieren. Außerdem lerne ich daneben noch Englisch“. Huong will 2011 an einem sechsmonatigen Berufsvorbereitungskurs teilnehmen. Danach, wenn sie sich dafür geeignet fühlt, wird sie offiziell eine dreijährige Berufsausbildung an einer Berufsschule machen. Die Deutschkurse sind kostenfrei. Huong lässt mich wissen, dass dies eins der ersten Projekten ist, die die Stadt Dortmund ausländischen Immigranten anbietet. In ihrem Deutschkurs gibt es sieben Kursteilnehmer aus sieben Nationen - von Brasilien über Bosnien bis Honduras. Im Vergleich zu anderen Kursteilnehmern ist sie der „Neuankömmling“ in Deutschland.
Selbstbewusst sagt sie: „Ich habe beschlossen, einen ordentlichen berufsqualifizierenden Abschluss hier in Deutschland zu erwerben. Deutschland ist eine entwickelte Gesellschaft, daher braucht man unbedingt eine solide Ausbildung und einen offiziellen Abschluss, egal was man macht. Wenn ich mich in diese Gesellschaft integrieren Und langfristig in Deutschland leben will, so muss ich mich solide ausbilden“.
Zu der vietnamesischen Community in Deutschland zählen zurzeit circa 100 000 Vietnamesen, bekannt für ihren Fleiß bei der Arbeit, ihre Strebsamkeit, ihre Wissbegier. Allerdings gibt es nur wenige Frauen, die eine solide Ausbildung genossen haben, wie Huong sie gerade durchläuft. Viele verdienen ihren Lebensunterhalt mit Kleinhandel oder Service. In Vietnam hatte Huong eine Ausbildung als Pharmazeutisch- Technische Assistentin absolviert und arbeitete in einer Apotheke in Ho-Chi- Minh-Stadt. Durch eine Verwandte lernte sie ihren Ehemann kennen, einen vietnamesischen Informatik-Ingenieur, der seit 2009 hier arbeitet. Vor ihrer Reise nach Deutschland hat sie in Ho-Chi- Minh-Stadt heimlich ein Jahr lang Deutsch gelernt. „Obwohl das Gehalt meines Mannes nicht schlecht ist, will ich weder von ihm noch von Sozialhilfe abhängig sein. Ich will mich in die deutsche Gesellschaft integrieren, damit ich hier ein ordentliches Leben führen kann; mein Mann ist der gleichen Ansicht und unterstützt mich darin voll und ganz“.
Bevor sie nach Deutschland übersiedelte, wohnte Huong bei ihrer Mutter in Ho-Chi- Minh-Stadt. Huong vermisst sie sehr, auch die Freunde und Verwandte…Doch sie ist sehr glücklich mit ihrem neuen Leben. „Es ist ganz anders in Deutschland, als ich es mir vor meiner Ankunft vorgestellt hatte: die Deutschen sind nicht gefühlskalt, verschlossen oder rassistisch, sondern sehr gutherzig und sorgfältig. Wenn sie jemandem helfen wollen, so machen sie es immer aus ganzem Herzen und geben nicht auf, bevor eine Angelegenheit erledigt ist“.
veröffentlicht am 15. Oktober 2010 in der Westfälischen Rundschau.
Aus dem Vietnamesischen übersetzt von Cao Quang Nghiep.