Nairobi, 13.11.09: Safari-Look und schrille Abendkleidung
Carol Wahome und ihre Kollegin Wambui Njogu haben das Geschäft erst vor wenigen Wochen im Hof des Silver Spring Hotels im nairobischen Stadtteil Hurlingham eröffnet. „Es ist sicher hier, es gibt Parkplätze, die Miete ist erschwinglich, anders als in den großen Malls“, sagt Modedesignerin Wahome. Fast wäre sie allerdings Fluglotsin geworden.
„Mein Onkel hatte mir den Flugplatz gezeigt, ich war völlig fasziniert.“ Aber auch davon, Gegenstände zu zerlegen. „Ich hatte mal beschlossen, dass unsere wertvolle Uhr leider kaputt sei. Deshalb habe ich sie komplett auseinander- und wieder zusammengebaut. Das Ding funktionierte.“ Oder sie krabbelte unter Papas Auto, um zu gucken, was da so los sei. „Ich wollte schon immer mit den Händen arbeiten.“ Daran änderte auch ihr Kunst- und Modestudium nichts. Carol Wahome, und ihre Kollegin Wambui Njogu mit deutscher Mutter, hatten schon von Haus aus einen guten Start ins Berufsleben. „Ja, wir waren privilegiert“, sagt Carol Wahome, die auch ein Jahr in London studierte.
Für ihren nun eröffneten Laden rühren die beiden bisher nur eine kleine Werbetrommel, sie hoffen eher auf Mundpropaganda. „Bessere Werbung gibt es nicht“, sagt Carol Wahome. Neben laut-eleganten roten und blauen Kleidern des Labels „Kiko Romeo“ bieten die Frauen Mode von „Koo Roo“ an, Horn- und Knochenschmuck von „Maro Designs“, Ledersandalen mit Reifen-Sohlen von „Masaii Trends“, Handtaschen und natürlich Mode von sich selbst. Unter dem Namen „Moo Cow“ designen die Frauen Mode zwischen dezentem Leinen- Safari-Look und schriller Abendgarderobe mit freiliegenden Schultern – gewagte Sache in Kenia, wo das fast als verrucht gilt. Gerne ist in ihrer Mode der Pfiff aber auch versteckt. „Das Detail liegt innen, als gutes Gefühl für die Trägerin, weniger für den Betrachter“, sagt Carol Wahome, die davon überzeugt ist, „dass Mode für den Träger, nicht für die anderen ist. Wer sich in seinen Klamotten wohl fühlt, ist wunderschön und stark“. Die Frauen bieten nicht nur Kleider an, die Textilien in ihrem Laden sollen auch eine Herausforderung für die Kundinnen sein. „Wenn dir jemand vor 20 Jahren gesagt hat, dir stehe blau, trägst du es womöglich ewig. Da muss man auch mal raus“, sagt Carol. Das sei aber weniger brachial gemeint, es könne eben nur jenes kleine, innenliegende Detail sein, das ein verändertes Gefühl bewirke. Ein kleiner Dialog zwischen Designer und späterer Trägerin, nach dem Motto: „Ich weiß, was du dir dabei gedacht hast. Und ich mag es.“
In Deutschland gibt es seit einiger Zeit einen Trend zu skandinavischer Mode, helle, gedeckte Farben, manchmal verspielt, und eben innenliegende Finessen wie ein besonderes Muster im Futter. Wir sprechen also in Frankfurt/ Deutschland nahezu über die gleichen modischen Belange wie in Nairobi/Kenia. Das war allerdings mal anders. Noch bis vor fünf Jahren etwa durften Frauen in Kenia bei Gericht keine Hosen tragen oder ins Parlament in Nairobi eine Handtasche mitbringen. „Wozu, haben die damals gefragt“, sagt Carol Wahome. Sie und Wambui Njogu schauen mit einer Mischung aus Ärger und Verwunderung in die Vergangenheit. „Alle Kleider mussten streng sein, dunkel, blau, grau. Dann kam auf einmal der Casual Friday“, sagt die 37-jährige Wambui Njogu, „das war für viele Frauen wie Bikini tragen in der Kirche.“ Und sei es für viele immer noch.
„Es gibt noch dieses Konservative, Christliche im Outfit, man muss respektabel aussehen, gewagte Ausschnitte oder Arm zeigen gilt als sehr undezent“, erklärt Wambui Njogu. „Das mit den Briten importierte viktorianische Ideal der Zurückhaltung hat sich nicht verändert“, sagt Carol Wahome.
In Deutschland bevorzugen Geschäftsfrauen auch dezente Farben, Schnitte. Es sind gar nicht so viele, die Farben wagen und textile Individualität. In Nairobis neuer Boutique „Moo Cow“ bekämen sie beides. Wer sich die Mode von Moo Cow und anderen afrikanischen Labels nicht leisten kann, und das ist das Gros der Kenianerinnen, kleidet sich à la Mitumba, mit Second-Hand-Kleidung aus Europa. Aber das ist demnächst eine eigene Geschichte.
Suaheli des Tages: Nguo heißt Kleid.
veröffentlicht am 13. November 2009 in der Frankfurter Rundschau.