Freiburg

Freiburg, 5.12.09: Die Welt hat wirklich zwei Gesichter

 © Julia Littmann und Zakaria Alhassan gemeinsam in Freiburg © Foto: KunzZakaria Alhassan, Austauschjournalist aus Ghana, über seine Ankunft in Freiburg.

In Tamale, der Hauptstadt der Nordregion Ghanas, hat soeben der Harmattan begonnen, ein kalter, trockener, staubiger Landwind, der die Haut austrocknet und rissig macht, vor allem die Lippen. In dieser Zeit des Jahres haben die meisten Menschen so raue Füße, dass man damit Bettlaken zerreißen kann. In dieser Zeit wird die aus der Sheanuss gewonnene Sheabutter-Creme zum ständigen Begleiter der Menschen, vor allem in ländlichen Räumen.

So war die Wetterlage jedenfalls, als ich mich nach Freiburg aufmachte, der heiteren und bildschönen Stadt in Deutschland. Vor Anbruch des Harmattans war das Wetter sehr sonnig und heiß, mit Temperaturen um 40 Grad und darüber. Bei meiner Ankunft am Frankfurter Flughafen war die Temperatur ganz anders, unter 17 Grad. Und nicht nur, dass es sehr kalt war, sondern als ich letzten Montag ankam, fing es auch noch an zu regnen. Habe ich gezittert? Und wie - ich schlotterte an allen Gliedern, wie ein nasses Huhn. Meine Kollegin Julia Littmann, die einige Wochen bei mir in Tamale verbracht hat, kam mir schließlich mit warmer Kleidung zur Hilfe, die sie gemeinsam mit ihrem hilfsbereiten Mann Andreas besorgt hatte.

Nicht, dass man mich nicht gewarnt hätte, an warme Kleidung zu denken, aber jetzt zahlte ich den Preis für meine Widerspenstigkeit.

Zuvor hatte sich am Kotoka International Airport am 29. November ein Drama abgespielt. Am letzten Check-in-Schalter an Gate 1 entbrannte eine hitzige Auseinandersetzung zwischen einem jungen Mann, ungefähr in seinen 20ern und von robuster Erscheinung, und einer Frau sowie deren männlicher Begleitung. Letzterer hatte ersteren angeschuldigt, er habe an einem öffentlichen Ort gefurzt, „einen fahren lassen”, mitten im Gedränge, wo Reisende auf dem Weg nach Frankfurt und London auf ihren Abflug warteten.

Natürlich habe ich das, was dem jungen Mann vorgeworfen wurde, weder gehört noch gerochen, aber seine Erscheinung mit T-Shirt und hängender Kette ließen nicht vermuten, dass er den Vorwurf, erhabe sich unfein benommen, auf sich sitzen lassen würde.

Dann seine Antwort: „Ja, hab ich, na und? Was willst du? Wenn mir danach ist, in der Öffentlichkeit einen fahren zu lassen, soll ich die schlechte Luft etwa im Bauch lassen? Das tun die Leute sogar in der Kirche, was soll das?”, schrie der junge Mann. Einige der Flugreisenden, darunter die Ankläger des Verdächtigen, atmeten erleichtert auf, als dieser bei seinem Versuch, sich für den Flug nach Deutschland einzuchecken, abgewiesen wurde, weil er nach London gebucht hatte.

Nach meiner Ankunft am Frankfurter Flughafen wurden meine Kollegin und ich von ihrem Mann und einer Bekannten namens Lena abgeholt, mit einem heißen, starken Kaffee, der mich nach acht Stunden im Flugzeug etwas aufwärmte. Dann fuhr uns Andreas nach Freiburg, 260 Kilometer auf einer vierspurigen Teerstraße in ungefähr zweieinhalb Stunden. Ich musste an die gefürchtete einspurige Holperstrecke von Kintampo nach Accra denken, auf der es immer wieder zu tödlichen Unfällen kommt. Als meine Kollegin mitbekam, dass ich mir etwas über meine Regierung in den Bart murmelte und dass diese mal dafür sorgen könne, dass die Straße von Tamale nach Accra zweispurig ausgebaut werde, sagte sie: „Zak, glaubst du nicht, dass es dann noch mehr Unfalltote gäbe?”. „Vielleicht” - mehr fiel mir angesichts der Rücksichtslosigkeit einiger Fahrer daheim nicht ein.

Am Mittag habe ich meine erste deutsche Mahlzeit zu mir genommen, kurz als „Spätzle” bezeichnet. Man braucht dafür einen flüssigen Mehlteig, vermischt mit ein paar Eiern, Fleisch, Gemüse, Beeren und Gewürzen. Das reichte für den Rest des Tages, nachdem ich das Mahl mit einem Glas Ananassaft heruntergespült hatte.

Während meines vierwöchigen Aufenthalts in dieser heiteren, gut angelegten und aktiven Stadt werde ich bestimmt noch viele deutsche Gerichte zum ersten Mal probieren. Offen gestanden vermisse ich schon jetzt mein Lieblingsgerichte, Tuo Zaafi (T.Z.) und Waatche und Paprika. Bitte kein Mitleid, denn ich habe mich schlicht geweigert, Kochen zu lernen. So kann ich die kleine Küche nicht nutzen, die zu meinem Zimmer gehört und in der ich mich den Rest des Tages aufgewärmt und an das fremde, unfreundliche Wetter gewöhnt habe.

Zakaria Alhassan
veröffentlicht am 5. Dezember 2009 im Daily Graphic.