Neustadt

Neustadt, 12.2.2013: „Die Unterschiede sind gar nicht so groß“

 © Copyright: Rainer Nosbüsch
Auch so manchem pfälzischen Hirten begegnen die slowenischen Schüler – doch eher unter touristischen Aspekten (Foto: Rainer Nosbüsch)

Eigentlich war der Schüleraustausch des Kurfürst-Ruprecht-Gymnasiums mit Slowenien auf fünf Jahre angelegt. Doch jetzt im April geht die Partnerschaft in die achte Runde. Die slowenische Journalistin Marjeta Kralj hat mit dem zuständigen Lehrer, Rainer Nosbüsch, gesprochen.

Herr Nosbüsch, wieso hat sich gerade der Austausch mit einem so kleinen Land so gut durchgesetzt?

Nosbüsch: Bei Slowenien ist das Interesse gegenseitig. Manche Eltern fragen mich, warum ausgerechnet Slowenien, warum nicht Frankreich oder England. Ich antworte dann: Franzosen und Engländer wollen nicht nach Deutschland, die fahren lieber nach Italien oder Spanien. Ich frage jedes Jahr in den Klassen nach, wen der Austauschmit Slowenien interessiert und solange sich eine Klasse meldet, wird es den Austausch geben. Manchmal melden sich sogar mehrere Klassen. Die Klasse, die jetzt im April nach Slowenien fährt, kam schon vor einem Jahr zu mir mit den Unterschriften aller Schüler, dass sie nach Slowenien wollen.

Woher kommt dieser Wunsch?

Die Schüler haben es von ihren Geschwistern erfahren und in der Schule mitbekommen.

Aber was bringt ihnen ein solcher Austausch? Sie lernen ja nicht slowenisch ...

Ursprünglich war die Idee, neue Länder in der EU kennenzulernen. Der Austausch bringt ihnen einfach einen Nachbarn der EU näher. Die Jugendliche lernen die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede kennen. Und sie merken, dass die Unterschiede gar nicht so groß sind.

Welche Eindrücke bringen die Schüler denn von einem solchen einwöchigen Austausch mit?

 © Rainer Nosbüsch
Lehrer Nosbüsch über Slowenien: „Die Schulausstattung ist besser als bei uns“ (Foto: Privat)
Unsere Schüler sind immer begeistert von der Offenheit, der Herzlichkeit und der Gastfreundschaft der Slowenen. Dass auch mal eine Oma aus ihrem Zimmer auszieht, damit der Gastschüler sein eigenes Zimmer haben kann – das beeindruckt die Schüler schon. Auch die Schönheit des Landes begeistert. Die Schüler fasziniert es, dass sie in einer Stunde auf den höchsten Berg des Landes fahren können und in der gleich Zeit am Mittelmeer sind. Den deutschen Schülern fällt in Kamnik auf, dass die Schüler dort Hausschuhe in der Schule tragen, dass sie eine Mensa mit frisch gekochtem Essen haben, und die technische Ausstattung besser als bei uns ist.


Und was gefällt umgekehrt den slowenischen Schülern in Neustadt?

Ich würde sagen, dass man bei uns relativ offen miteinander umgeht. In unserer Schule haben Lehrer und Schüler ein relativ persönliches Verhältnis zueinander, das sind die Slowenen von Zuhause nicht gewöhnt.

Pfalz und Slowenien haben vieles gemeinsam, von den Weinbergen bis zum Wald ...

Ich habe tatsächlich slowenische Schüler im Austausch gehabt, die die Wanderschuhe angezogen haben und in den Wald gegangen sind.

Sind wandernde Jugendliche denn hier etwas Außergewöhnliches?

In Slowenien gar nicht. Dass 15- oder 16-Jährige in der Freizeit wandern, ist hierzulande schon ungewöhnlich.

Haben sie auch die Pfälzer Waldhütten entdeckt?

Klar. Sie haben gefragt, wieso die Leute hier aus Blumenvasen trinken, als sie die Schoppengläser gesehen haben.

Beim dem Austausch standen zunächst Umweltthemen im Zentrum. Ist das immer noch so?

Nein. Wir haben im vergangenen Herbst, als die Gäste aus Slowenien hier waren, das Thema Pfälzer Ess- und Trinkkultur gehabt – Metzgerei Hambel in Wachenheim, kandierte Früchte bei Biffar in Deidesheim, Weingut Bürklin-Wolf in Wachenheim und Landwirtschaft bei der Lebenshilfe in Bad Dürkheim. Ein Jahr vorher ging es um Medien: Besuch bei RPR, RNF, Antenne Pfalz und der Rheinpfalz. Für die Altersgruppe ist aber auch nicht jedes Thema geeignet. Bei manchen Gruppen hatte ich das Gefühl, dass das Abendprogramm viel wichtiger als das Tagesprogramm war. In letzten zwei Jahren ist das aber wieder besser geworden.

Können die Schüler abends alles machen, was sie wollen, solange die Gasteltern es erlauben?

Genau.

Gab es schon mal Probleme deswegen?

Es gab auch schon kleinere Vorfälle, meist mit Alkohol verbunden, sowohl auf slowenischer als auch auf deutscher Seite; allerdings nicht so, dass jemand ins Krankenhaus musste. Aber es war den Betroffenen schon sehr peinlich – und den Lehrern noch mehr.
Das Interview führte Marjeta Kralj
Veröffentlicht am 18. Februar 2013 in der „Rheinpfalz“
Links zum Thema