Ljubljana, 18.3.2013: Gefängnis ist „hip“

Tagebuch Ljubljana (5): Konversion auf Slowenisch – In einer Kaserne ist ein Kulturzentrum entstanden.
Was macht man mit alten Kasernen in bester städtischer Lage? Abreißen, dachte man sich bei der Kommune Ljubljana Anfang der 90er. Man wollte in der „Metelkova ulica“ direkt beim Bahnhof etwas Neues, Schickes haben – die Reflexe von Kommunalpolitikern sind offenbar überall ähnlich. In Ljubljana kam es anders. Die Gebäude wurden besetzt, es entwickelte sich ein ausgedehntes, alternatives Kulturzentrum, das in Teilen seinen ursprünglichen „wilden“ Charakter erhalten hat.
Dass es von den Baggern verschont blieb, verdankt es der Tatsache, dass es mittlerweile zur touristischen Attraktion geworden ist, nicht nur bei einer Hand voll Freaks. Eine Gruppe von Künstlern hat es geschafft, die Tür zum Kommerz einen Spalt weit zu öffnen, gerade so weit, wie es nötig war, um einen Leuchtturm zu schaffen, mit dem sich auch das offizielle Ljubljana schmücken kann. Das Gefängnis, in dem die Opfer von drei Diktaturen eingesperrt waren (Mussolini, Hitler, Tito), wurde umgebaut. Dafür flossen sogar staatliche Zuschüsse, erklärt mir Tanja Lipovec, die Projektmanagerin der Herberge.
Heute kann man in den ehemaligen Zellen schlafen, jede einzelne ist ein kleines, exklusives Kunstwerk, das von einem namhaften Künstler oder Architekten eingerichtet wurde. Aus dem Gefängnis wurde das „hippest hostel“, wie der Verlag „Lonely Planet“ urteilt. Und „hip“ ist Geld. Das Haus mit insgesamt 90 Betten habe bessere Auslastungszahlen als jedes Hotel in Ljubljana, sagt Lipovec, und es sei keineswegs eine reine „Jugendherberge“.
Auch 50-, 60- und 70-Jährige finden Gefallen daran, ihr Haupt hinter originalen Gefängnis-Gittern zu betten, die in krassem Gegensatz zu der ansprechenden Design-Ausstattung stehen. Wie passt das zum Rest des Kulturzentrums, in dem tagsüber Intellektuelle und Künstler arbeiten, und das nachts zur großen Party mutiert? Nächste Woche werde ich mehr darüber erfahren.
Veröffentlicht am 18. März 2013 in der „Rheinpfalz“