Bonn

Bonn/Köln, 3.12.2012: Zeit der Versuchung für strenge Katholiken

 © Vytenė Stašaitytė
Erster Advent auf dem Neumarkt in Köln (Foto: Vytenė Stašaitytė)

Wer sich an die streng katholischen Traditionen des Advents hält, der sollte in der vorweihnachtlichen Zeit nicht nach Deutschland kommen. In der Zeit des Fastens sprießen hier Weihnachtsmärkte hervor – wo duftendes Essen zum Verweilen einlädt, und der Glühwein in Strömen fließt.

Meinen Lesern zu Hause möchte ich die nordrhein-westfälische Stadt Köln vorstellen – mit einer Fotoreportage über traditionelle, alternative und für spezielle Gruppen, zum Beispiel für Homosexuelle, bestimmte Weihnachtsmärkte.

Jedes Jahr eröffnen die Weihnachtsmärkte im ganzen Land genau zu Beginn des Advents und enden am Heiligabend. So herrscht vier Wochen lang auf den Plätzen der Städte ein reges Treiben. Verkaufsstände präsentieren Weihnachtsartikel, Textilien, Leder oder anderes Kunstgewerbe.

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Weihnachtsmarkt der Engel: Der Glühwein fließt in Strömen (Foto: Vytenė Stašaitytė)

Die vom festlichen Gewimmel müde gewordenen Menschen werden an jeder Ecke zu einer Verschnaufpause eingeladen, um verschiedene Kleinigkeiten zu essen. Am beliebtesten sind Würstchen, Steaks, Kartoffelpuffer, heiße Maronen und verschiedene Süßigkeiten. Ein Weihnachtsmarkt ist nicht vorstellbar ohne Glühwein, der meist in Bechern mit aufgebrachten Symbolen des Marktes ausgeschenkt wird – die 2,50 Euro Pfand kosten. Das sind etwa sieben Litas.

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Kein Weihnachtsmarkt ohne Süßes und Herzhaftes – es brutzelt und knuspert (Foto: Vytenė Stašaitytė)

Auf vielen Märkten gibt es Bühnen, auf denen Konzerte und andere festliche Aufführungen stattfinden. Wer der gewöhnlichen Weihnachtsmärkte überdrüssig ist, der findet in der Stadt unterschiedliche alternative Märkte. In diesem Jahr hat in Köln, das bekannt für seine Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten ist, erstmals ein Schwulenmarkt, die Christmas Avenue, eröffnet. Der relativ kleine Markt unterscheidet sich kaum von anderen Märkten. Aufmerksamen Augen wird lediglich auffallen, dass neben Waffeln und Kartoffelpuffern spezielle Unterwäsche für Homosexuelle – statt warmer Wollstrümpfe – angeboten wird. Und: Stände informieren über Homosexuellen-Organisationen oder über Einrichtungen für HIV-Infizierte.

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Auf der „Christmas Avenue“ trifft sich die schwule Szene Kölns – aber nicht nur sie (Foto: Vytenė Stašaitytė)

Auch diejenigen, die auf der Suche nach Alternativen anderer Art sind, werden fündig: In der Stadt gibt es verschiedene Märkte, die nicht den ganzen Monat lang, sondern nur an einigen Tagen geöffnet sind. Zum Beispiel fand am ersten Dezemberwochenende im Kölner Stadtteil Ehrenfeld der Handarbeitsweihnachtsmarkt Homemade Cologne statt. Gewöhnlich muss man für solche Veranstaltung Eintritt zahlen; der Preis beträgt ungefähr drei Euro, etwa zehn Litas.

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Von wegen Wollstrümpfe! Auf dem Weihnachtsmarkt der Homosexuellen fällt das Angebot anders aus (Foto: Vytenė Stašaitytė)

In Deutschland beginnt die Einkaufszeit schon früher, da viele Menschen und besonders Kinder bereits am 6. Dezember Geschenke erwarten. An diesem Tag wird Nikolaustag gefeiert – der heilige Nikolaus gilt als einer der Prototypen des Weihnachtsmanns. In Deutschland ist es eine unverzichtbare Tradition, die Kleinen mit Geschenken zu überraschen. Die Kinder lassen ihre Schuhe vor der Zimmertür stehen und am Morgen finden sie darin Gaben vom heiligen Nikolaus. Meist fallen sie etwas bescheidener als Weihnachtsgeschenke aus.

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Advent, Advent, ein Kerzlein brennt (Foto: Vytenė Stašaitytė)

Mancher Deutsche mag es, seine Lieben jeden Tag im Advent mit einer Kleinigkeiten zu überraschen – und schenkt ihnen einen Adventskalender. Einige sind aus dem Laden und mit Schokoladenstückchen gefüllt. Wer jedoch einfallsreicher ist, denkt sich etwas Originelleres aus. Zum Beispiel 24 Strümpfen: Jeder Strumpf enthält eine kleine Aufmerksamkeit oder das Versprechen, einen Wunsch seiner Lieben zu erfüllen.
Von Vytenė Stašaitytė
Veröffentlicht am 3. Dezember 2012 bei „Delfi“
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