Berlin

Berlin, 16.1.201: Mit bestem Benzin betankt

 © Diena
Diese Woche titelt die Kulturbeilage der Tageszeitung „Diena“: Ideālais amerikānis – Amerikanische Ideale (Copyright: Diena)

Berlin bewegt sich mit einer schwindelerregenden Dynamik. Für jedes Thema gibt es eine eigene Zeitschrift, und was ist eigentlich ein „Post-Hipster”?

In der Zeitschriftenecke des Lebensmittelgeschäfts gibt es neben den Lifestyle-Zeitschriften zu den Themen „Frauen”, „Garten”, „Sport” und „Stars” eine extra Kategorie „Kultur”. Darunter die ziemlich dicke Zeitschrift Der Museumsbotschafter. Im Lettischen gibt es den Begriff weißer Neid, der eher Bewunderung als Neid ausdrückt. Doch Neid ist Neid – den Berlinern gegenüber, denen Kultur so wichtig ist wie Brot. Von ernsthafteren Verkaufsstellen für Presseerzeugnisse wie beispielsweise in den Geschäften von Kaiser’s rede ich ja noch nicht einmal. Es scheint, jede noch so kleine Strömung eines Nischenbereichs hat seine eigene Zeitschrift.

Ich kaufe ein Souvenir für die Künstlerinnen der Illustrationsabteilung der Diena – eine Zeitschrift über neue Tendenzen im Grafikdesign. Sie sind auch so überaus talentiert, kreativ und originell. Es scheint, eine spezifische Kreativität, die sich besonders lebhaft unter existenzbedrohenden Umständen äußert, gerade solche herrschen wegen der Wirtschaftskrise in den kulturellen Medien in Lettland. Und sie ist historisch ein fester Bestandteil der lettischen Mentalität geworden.

Freitag, 18. Januar, Fashion Week

Die Berliner Fashion Week dauert an. In den Fernsehnachrichten erklärt eine junge Mutter, die auf dem Weg zu einer der Veranstaltungen für ein Kurzinterview auf der Straße abgefangen worden ist, ziemlich schroff, sie sei ein „Posthipster” – damit sie auf keinen Fall falsch eingeordnet wird. Die grundlegenden Identitätsmerkmale verrät sie aber nicht. Später kaufe ich, da meine Neugier geweckt worden ist, aus dem Bücherangebot des Hamburger-Bahnhof-Museums das Buch Was war der Hipster? Eine soziologische Studie, in der der Tod des Hipsters auf rein wissenschaftlicher Basis analysiert wird. Ein Kapitel heißt Der Tod des Hipsters. Hoppla! Dann ist er schon gestorben?! Ich dachte, er sei gerade erst geboren? Kein Zweifel: Berlin ist die Avantgarde des urbanen Lifestyles und gibt in der Mode mit einer schwindelerregenden Geschwindigkeit den Ton an.


Von Undīne Adamaite
Übersetzt aus dem Lettischen von Felix Lintner


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